Arzneiwegweiser - Therapie-Ansätze
Für eine Therapie des Typ-2-Diabetes mit Tabletten gibt es drei Ansatzpunkte:
1. Die Körperzellen sind zu wenig empfindlich für Insulin
Die Körperzellen reagieren nicht mehr oder nur unzureichend auf das Signal des Hormons Insulin. Die Folge ist, dass der Zucker in der Blutbahn bleibt. Hier besteht die Therapie darin, die Körperzellen für Insulin empfindlicher zu machen. Medikamente mit diesem Wirkmechanismus sind Metformin und die Gruppe der Insulin-Sensitizer („Sensitizer“ ist englisch und bezeichnet etwas, das „empfindlicher macht“). Insulin-Sensitizer kann man zusammen mit Metformin einsetzen, da sie dessen Wirkung unterstützen. Metformin nimmt man nach den Hauptmahlzeiten ein.
2. Die Bauchspeicheldrüse schüttet wenig Insulin aus
Im normalen Stoffwechsel setzt die Bauchspeicheldrüse besonders zu den Hauptmahlzeiten Insulin frei. Gibt sie bei Typ-2-Diabetes nicht mehr genug Insulin ins Blut ab, können Sulfonylharnstoffe und so genannte Prandiale Glukoseregulatoren (PGR oder Glinide) die Ausschüttung fördern.
Sulfonylharnstoffe werden einmal täglich morgens vor dem Frühstück eingenommen. Sie haben den Nachteil, dass sie die Insulinausschüttung kontinuierlich über den ganzen Tag anregen - also nicht nur zu den Hauptmahlzeiten, sondern auch in dem Zeitraum zwischen den Mahlzeiten und nachts. Dadurch besteht die Gefahr einer Unterzuckerung, weil der Blutzucker unter den normalen Wert sinken kann.
Durch einen Essensplan mit regelmäßigen Hauptmahlzeiten und kleineren Zwischenmahlzeiten lässt sich das kontinuierlich ausgeschüttete Insulin abfangen. Halten Sie den Essensplan unbedingt ein, denn Unterzuckerungen können lebensgefährlich sein!
Glinide (Prandiale Glukoseregulatoren) wirken extrem kurz, nämlich nur für den Zeitraum der Mahlzeit. Diabetiker müssen sie nur dann einnehmen, wenn sie tatsächlich etwas essen, also immer vor den Hauptmahlzeiten. Ein strikter Essensplan ist nicht erforderlich und der Alltag lässt sich so freier gestalten. Die Medikamente vermeiden Blutzuckerspitzen während der Mahlzeit, senken den Zuckerspiegel aber nicht kontinuierlich.
Die Gefahr einer Unterzuckerung ist deshalb gering. Seit 2007 gibt es neue Medikamente auf dem Markt, die sogenannten Inkretin-Mimetika beziehungsweise DPP-4-Inhibitoren. Exenatide, Liraglutide, Vildagliptin, Saxagliptin und Sitagliptin erhöhen die Konzentration bestimmter Darmhormone (Inkretine), welche die Insulinfreisetzung regulieren. Bei Menschen mit Diabetes mellitus werden weniger Inkretine als bei Gesunden produziert. Sie sind nur in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Medikamenten zugelassen.
3. Nach dem Essen treten hohe Blutzuckerspitzen auf
Bei Zuckergesunden und Diabetikern klettert der Blutzucker nach dem Essen auf einen Spitzenwert (postprandiale Hyperglykämie). Um diese Blutzuckerspitze abzubauen, braucht der Körper kurzfristig einen hohen Insulinschub. Damit diese Spitzen erst gar nicht entstehen, verzögert man mit Medikamenten die Aufnahme von Glukose über den Darm ins Blut (Resorptionsverzögerung). Der Körper kommt dann mit geringen Insulinmengen aus, was die Bauchspeicheldrüse schont.
Solche Resorptionsverzögerer oder Alpha-Glukosidase-Hemmer sind Medikamente mit den Wirkstoffen Acarbose, Miglitol und Guar. Sie werden zum Essen eingenommen und wirken direkt im Darm. Allerdings können sie nur gering erhöhte Blutzuckerwerte senken oder die Wirkung anderer Medikamente unterstützen. Nicht wirksam sind sie bei einseitiger Kost, die überwiegend Fett und Milchprodukte enthält. Ohne einen diabetesgerechten Diätplan haben sie keinen ausreichenden Effekt. Acarbose und Miglitol bewirken, dass kohlenhydrathaltige Nahrung bei der Verdauung nicht in Glukose gespalten wird.
Guar ist ein pflanzlicher, quellender Ballaststoff. Er bildet mit der Nahrung einen dicken Brei, den der Darm nur langsam verwerten kann. Guar sättigt und unterstützt die Gewichtsreduktion. Als Nebenwirkung kommt es bei allen Alpha-Glukosidase-Hemmern jedoch häufig zu unangenehmen Blähungen, Durchfällen und Bauchschmerzen.